Childhood Re-Cycling

Früher war alles besser, eh klar. Der Sommer schien endlos, das kleine Waldstückchen am Ortsrand tief, dunkel und geheimnisvoll. Dahinter ging es mit dem Rad über staubige, sich bis zum Horizont erstreckende  Wege. Jede Pfütze ein Ozean voller unbekannter Lebensformen. Rechts und links wucherten die Maisdschungel. Und schließlich dann: der Baggersee. Eingerahmt von in den Himmel ragenden Kieshaufen lag er da. Sein schwarzes Wasser bot ganzen Armadas von Luftmatratzen das perfekte Szenario für heroische Seeschlachten. In der Tiefe lauerte - so hieß es - ein versunkener VW-Käfer, dessen wahnsinniger Fahrer immer noch hinter dem Lenkrad saß, um jeden, der zu tief tauchte, in sein eisiges Grab zu zerren. Einfach großartig! Abends verströmten die Lagerfeuer der Älteren den Duft der großen, weiten Welt. Und während man sich selbst wieder auf den Heimweg machte, versprach das Grillenzirpen schon neue Abenteuer für den nächsten Tag. Ach, es war eine großartige Zeit, als ein Bub noch tun konnte, was ein Bub tun muss.

War? Wieso eigentlich "war"? Ich jedenfalls hol mir das jetzt wieder. Klar, die Zeit zurückdrehen kann ich nicht. Aber für die restlichen Dimensionen gibt es ein praktikables Rezept:

Man nehme drei Monate Urlaub von Juni bis August 2011. Die Kieshügel verwandle man in Fichtel- und Erzgebirge und garniere sie mit einer guten Portion norwegischer Fjells. Die Maisfelder verlege man ins südwestliche und zentrale Polen, die Pfützen nach Masuren. Im Baltikum erkunde man die endlosen Sandpisten. Das Waldstückchen blase man auf Finnlandgröße auf. Und als Baggersee wähle man schließlich die Barentsee. Damit dieser Dimensionszauber aber auch wirklich funktioniert, reise man wie früher: mit dem Fahrrad.

Langer Rede, kurzer Sinn: Ich radel dann mal zum Baden ans Nordkapp. Los geht's am 3. Juni.